Naturwissenschaftliches Grundwissen

 

3. Zersetzungsprozesse von Biomasse unter aeroben und anaeroben Bedingungen

 

Inhalt dieses Kapitels

1. Einführung
2. Der aerobe Zersetzungsprozess
3. Humifizierung
4. Mineralisierung
5. Zersetzungsprozesse unter anaeroben Bedingungen
6. Anaerobe Gärprozesse
 

1. Einführung

Organischer Kohlenstoff ist ein wesentlicher Bestandteil der organischen Bodensubstanz. Diese umfasst die Gesamtheit der abgestorbenen organischen Stoffe pflanzlicher und tierischer Herkunft, die dem Boden als Streu aufliegen, in den Boden eingearbeitet und bereits mehr oder weniger stark zersetzt worden sein kann. Bei der Bestimmung der organischen Bodensubstanz werden aber - je nach größe der Komponenten - zum Teil auch lebende Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln erfasst.

Die organischen Ausgangsstoffe des Zersetzungsprozesses setzen sich aus (natürlichen) pflanzlichen und tierischen Substanzen sowie anthropogenen organischen Ausgangsstoffen zusammen. Die pflanzlichen und tierischen Substanzen setzen sich dabei aus Cellulose, Hemicellulose, Pektinen, Lignine, Tannine, Cutin, Lipide bzw. Proteinen zusammen.

Einfluss der Abbaubereiche von organischem Pflanzenmaterial

  • Nahe der Oberfläche: Schnellerer mikrobieller Abbau des organischen Materials

  • Tiefere Bodenschichten: Deutlich langsamerer mikrobieller Abbau des organischen Materials, sodass das Material kaum noch am Kohlenstoffkreislauf teilnimmt

Organische Ausgangsstoffe des Zersetzungsprozesses

(Quelle: Thelemann, verändert nach Scheffer & Schachtschabel 2002)

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2. Der aerobe Zersetzungsprozess

Die aerobe Zersetzung von Biomasse oder auch Dekomposition ist ein Prozess, der sich aus Humifizierung und Mineralisierung zusammensetzt und bei dem Zersetzerorganismen der Makro-, Meso- und Mikrofauna abgestorbene Biomasse physisch und chemisch verändern und aufspalten. Im Gegensatz zum anaeroben Zersetzungsprozess findet dieser unter Sauerstoffzufuhr statt. In der ersten Phase des aeroben Zersetzungsprozesses finden enzymatische Reaktionen organismeneigener Stoffe statt, bei denen im Zellinneren durch Hydrolyse- und Oxidationsprozesse unter Einfluss von Enzymen hochpolymere Verbindungen zunächst in Einzelbausteine zerlegt werden: Stärke wird in Zucker umgewandelt, von Eiweißen werden Aminosäuren abgespalten, Chlorophyll wird in Phäophytin umgewandelt und mineralische Nährstoffe, wie Eisen, Kalium oder Magnesium werden freigesetzt. In der zweiten Phase des Zersetzungsprozesses werden die biologischen Pflanzenrückstände vor allem durch die Zersetzerorganismen der Makro- und Mesofauna physisch zerkleinert und durch Bioturbation tiefer in den Boden eingearbeitet, dabei aber chemisch nicht wesentlich verändert. Im Anschluss werden die zerkleinerten Pflanzenrückstände von Regenwürmern, Borstenwürmern und Tausendfüßlern unter Mitwirkung der Darmflora verdaut und intensiv mit den Bodenpartikeln vermischt. In der dritten Phase des Zersetzungsprozesses werden sowohl die zerkleinerten Pflanzen- und Tierrückstände, als auch die Exkremente der Bodentiere durch Destruenten, also Mikroorganismen, spezialisierte Bakterien und Pilze weiter zersetzt, wobei aus niedermolekularen Kohlenhydraten, Pektinen und Eiweißen bestehende häufig tierische Rückstände deutlich schneller abgebaut werden können, als cellulose- und ligninreiche pflanzliche Rückstände. Durch den mikrobiellen Abbau geht schließlich die ursprüngliche Molekülstruktur der Biomasse vollständig verloren und das ursprünglich organische Material wird in anorganisches Material umgewandelt (siehe Mineralisierung).

Da Bodenmikroorganismen die im Boden enthaltene organische Substanz als Energiequelle nutzen, ist der Auf- bzw. Abbau der Menge an organischer Substanz eng mit der mikrobiellen Aktivität verbunden. Diese Aktivität spiegelt sich in der Höhe des CO2-Partialdrucks wider. Die mit der Aktivität zunehmenden Kohlenstoffumsetzungsprozesse steigen beispielsweise mit zunehmender Temperatur und können durch nährstoffarme Verhältnisse und den Wassergehalt (Wasserübersättigung und Wassermangel) begrenzt werden.

Zusammenspiel von Humifizierung und Mineralisierung

Humifizierung (schwarz) und Mineralisierung (rot)
Quelle: Schröder 1992

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3. Humifizierung

Humifizierung ist ein Teilprozess des Zersetzungsprozesses (Dekomposition) bei dem organische Substanz und damit die Kohlenstoffmoleküle in amorphe, hochpolymere, dunkelgefärbte, stabile Humussubstanzen (Huminstoffe) umgewandelt werden. Dieser Prozess erfolgt unter Mitwirkung von Organismen der Makro- und Mesofauna und Mikroorganismen, die die organischen Bodenbestandteile zerkleinern, zersetzen bzw. umwandeln. Wichtige Ausgangsstoffe für die Humifizierung sind beispielsweise Cellulose und Lignine, wobei der Abbau durch Pilze und spezialisierte Bakterien aufgrund der hohen Abbauresistenz nur sehr langsam erfolgt und nur wenn leichter verwertbare Stoffe, wie Kohlenhydrate fehlen. Der Aufbau von Huminstoffen erfolgt schließlich aus reaktionsfähigen Spaltprodukten, wie  beispielsweise Peptiden, Aminosäuren und phenolischen Bausteinen. Diese Huminstoffe sind amorphe, organische Kolloide mit einer großen spezifischen Oberfläche. Sie untergliedern sich in saure Fulvosäuren, mittel saure Huminsäuren und schwach saure Humine und haben die Fähigkeit Wassermoleküle und Ionen reversibel anzulagern. Weitere Eigenschaften sind ein gutes Wasserhalte- und Adsorptionsvermögen, insbesondere in Bezug auf die Wasserbindung, Gefügebindung und Nährsalzadsorption des Bodens. Durch ihre dunkle Farbe haben sie auch einen positiven Einfluss auf den Wärmehaushalt des Bodens. Häufig kommt es zur Bildung von sogenannten Ton-Humus-Komplexen, sehr stabilen Verbindungen zwischen Huminstoffen und anorganischen Tonmineralen, die dem Humus eine hohe Gefügestabilität verleihen. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit.

Im Gegensatz zum ebenfalls biologischen Zersetzungsprozess der Kompostierung, bei der organisches Material ohne mineralische Komponenten unter dominant oxidierenden Bedingungen umgewandelt und zersetzt wird, handelt es sich bei der Humifizierung um einen Prozess, der unter Präsenz von hochheterogenen mineralischen Fraktionen auftritt.

 

Humifizierung bei der Torfbildung

Humifizierung tritt beispielsweise bei Torfen, also organischen, sedentären Ablagerungen, die überwiegend aus abgestorbenem Pflanzenmaterial bestehen, und bei der Torfbildung auf. Die dadurch entstandene sehr hohe Kohlenstoffdichte wird erhalten durch eine ständige Wasserübersättigung und der damit verbundenen geringeren Sauerstoffkonzentration, was den aeroben Abbau des Pflanzenmaterials unterbindet. Die Ursache für die Torfbildung ist die - verglichen mit der aeroben Zersetzung – deutlich langsamere anaerobe Zersetzung des Pflanzenmaterials, kombiniert mit der andauernden oberirdischen Primärproduktion der Pflanzen.

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4. Mineralisierung

Mineralisierung ist ebenfalls ein Teilprozess des Zersetzungsprozesses und bezeichnet die (nahezu) vollständige Zerkleinerung und den Abbau von organischem Material bis die Gewebestruktur nicht mehr erkennbar ist, die organischen Verbindungen in ihre anorganischen mineralischen Endprodukte bzw. Hauptkomponenten mineralisiert worden sind und die enthaltenen Pflanzennährstoffe und deren Energie (nahezu) vollständig freigesetzt wurden. Der dabei in der organischen Materie ursprünglich enthaltene Kohlenstoff wird in Form von Kohlendioxid freigesetzt und der Atmosphäre zugeführt.

 

Mineralisierung bei der Moorvererdung

Mineralisierung findet beispielsweise bei der Freilegung von Torfen bei der Entwässerung von Mooren statt. Die Mineralisierung führt zur Degradierung und Vererdung der Torfe. Vor allem kalkreiche Niedermoore unterliegen dieser intensiven pedogenetischen Veränderung, während diese in sauren Torfen stark gebremst wird. Die Torfhorizonte beginnen bei der Mineralisierung zu schrumpfen und es bilden sich Risse, die eine Vererdung bis Vermulmung der organischen Substanz bewirken.

Die Haupttypen der Moorvererdungsstadien bildeten nach der ostdeutschen Moorbodenklassifikation TGL (1985) Ried, Fen und Mulm. Analog dazu teilt die AG Boden (2005) die Moorvererdungsstadien in die Norm-Niedermoore (Ried), Erd-Niedermoore (Fen) und Mulmniedermoor (Mulm) ein. Eine mit der Moorvererdung einhergehende Nutzungsintensivierung, wie beispielsweise durch pflügende Ackerbewirtschaftung, fördert die Mineralisierung und damit die Vererdung und den Kohlenstoffverlust. Hierdurch verschwindet die ursprüngliche Struktur der Torfe, sodass das lose, staubige Krümelgefüge mit meist hydrophoben Eigenschaften leicht durch Deflation erodiert werden kann.

Animation: Mögliche Moorvererdungsstadien im Zuge von Entwässerung und Nutzungsintensivierung
nach Zeitz & Stegmann 2001

Animation (Quelle: Zeitz & Stegmann 2001 aus Höll 2007; Steckbriefe Brandenburger Böden
- Mulm-Niedermoor, überarbeitete Darstellung)

Die Entwässerung führt zur irreversiblen Schädigung der bodenphysikalischen Eigenschaften, wie etwa dem Wasserrückhaltevermögen und dem Nährstoffpotential. Der Kohlenstoff im Boden (SC) setzt sich zusammen aus organischem Bodenkohlenstoff (SOC = soil organic carbon) und anorganischem Bodenkohlenstoff (SIC = soil inorganic carbon). Durch den einsetzenden intensiver wirkenden aeroben mikrobiellen Abbau der organischen Bodensubstanz (SOM = soil organic matter) wird Kohlenstoff (TOC = total organic carbon) in Form der folgenden Kohlenstoffverbindungen an die umgebenden Reservoirs der Hydrosphäre bzw. Atmosphäre abgegeben:

  • gelöste, organische (DOC = dissolved organic carbon) Kohlenstoffverbindungen

  • partikuläre, organische (POC = particulate organic carbon) Kohlenstoffverbindungen

  • flüchtige, organische (VOC = volatile organic carbon) Kohlenstoffverbindungen

  • gasförmige, anorganische (IC = inorganic carbon) Kohlenstoffverbindungen

Das DOC stellt hierbei ein Gemisch verschiedenster Substanzen dar, von denen die Huminsäuren besonders gut, die Fulvosäuren schlechter abbaubar und damit für Bakterien verfügbar sind. Das POC setzt sich zusammen aus lebenden Organismen, Zellresten oder totem Pflanzenmaterial (Detritus). Direkt im Gewässer gebildet handelt es sich um aquogenetischen, autochthonen POC, vom Boden ins Gewässer eingetragen handelt es sich um pedogenetisch, allochthonen POC.

Hierdurch stellen entwässerte Moore überwiegend eine Stoffverlustquelle dar, wobei die Quantität der Mineralisierung und damit des Kohlenstoffverlustes von Variablen wie Klima, Moortyp, Entwässerungsintensität und Nutzung abhängt. Bei einer Erhöhung der globalen Temperaturen erhöhen sich die Mineralisationsraten und damit die Kohlenstoffausträge deutlich.

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5. Zersetzungsprozesse unter anaeroben Bedingungen

In der Natur kommt es in Feuchtgebieten zu einem Zusammenwirken organischer und anorganischer Kohlenstoffumsetzung, sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen. Die anaeroben Zersetzungsprozesse werden dabei auch als anaerobe Gärprozesse bezeichnet. Die folgende Abbildung zeigt auf, dass es erst unter anaeroben Bedingungen zur Bildung von Methan kommt, während die Bildung von Kohlendioxid unter aeroben Bedingungen im Vordergrund steht.

Zusammenspiel von organischer und anorganischer Kohlenstoffumsetzung unter aeroben und anaeroben Bedingungen


Quelle: Höll 2007 (nach Mitch und Gosselink 1993, veränderte Darstellung)

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6. Anaerobe Gärprozesse

Anaerobe Gärprozesse treten bei der Zersetzung organischer Stoffe unter Luftabschluss auf. Beim anaeroben Abbauprozess werden polymere Substrate, wie Kohlenhydrate, Fette oder Eiweiße zunächst durch den Prozess der Hydrolyse durch Mikroorganismen in gelöste Polymere in Form von Mono- und Polysachariden, wie Einfachzucker, Glyzerin, Fettsäuren und Aminosäuren zerlegt. Durch anaerobe fermentative Mikroorganismen werden diese Zwischenprodukte in überwiegend kurzkettige Fettsäuren, Milchsäure, Alkohole, Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt. Durch den Prozess der Acetogenese durch anaerobe acetogene Mikroorganismen werden diese Stoffe in Essigsäure, Wasserstoff und Kohlendioxid umgebildet. In der letzten Phase erfolgt der Prozess der Methanbildung überwiegend aus der gebildeten Essigsäure, aber auch durch Umbau von Wasserstoff und Kohlendioxid durch anaerobe methanogene Mikroorganismen. Anaerobe Gärprozesse treten in dieser Form beispielsweise bei der organischen Zersetzung unter anaeroben Bedingungen auf, wie sie in Mooren vorherrschen, oder aber auch bei der Biogasproduktion.

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Literatur:

Bertram, H.-G. (1986): Zur Rolle des Bodens im globalen Kohlenstoffzyklus - Naturforschende Gesellschaft zu Emden von 1814, Band 8, Geologisches Institut der Universität Köln.

Höll, B. (2007): Die Rolle des Porenraums im Kohlenstoffhaushalt anthropogen beeinflusster Niedermoore des Donaurieds - Universität Hohenheim.
(http://opus.ub.uni-hohenheim.de/volltexte/2007/187/) [eingesehen am 21.09.2011]

Land Brandenburg, Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz (2003): Steckbriefe Brandenburger Böden - Mulm-Niedermoor,  (http://www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.2322.de/a_sb_11_2.pdf) [eingesehen am 30.06.2012]

Macías, F.; Arbestain, M. (2010): Soil carbon sequestration in a changing global environment. Springer Science+Business Media B.V.

Scheffer, F.; Schachtschabel, P. (2002): Lehrbuch der Bodenkunde. 16. neubearbeitete und erweiterte Auflage von H.-P. Blume u.a., Heidelberg [u.a.]: Spektrum Akademischer Verlag.

Schröder, D. (1992): Bodenkunde in Stichworten - Stuttgart, Gebrüder Borntraeger Verlag.