World Reference Base for Soil ResourcesMineral Soils conditioned by Parent MaterialMineral Soils conditioned by TopographyMineral Soils conditioned by a wet (sub) Tropical Climate

Austauschkapazität

1. Permanente und variable (pH-abhängige) Ladungen

2. Kationenaustauschkapazität (KAK) und Anionenaustauschkapazität (AAK)

3. Konzept und Methoden

1.1. Permanente Ladungen

Isomorpher Ersatz
Abb.1 Isomorpher Ersatz
( Source: Brady and Weil 2002, S. 323.)

  • Unter isomorphen Ersatz versteht man den Ersatz bzw. Austausch eines Atoms durch ein anderes Atom ähnlicher Größe, ohne dass die Kristallstruktur verändert wird.
  • Dieser Vorgang findet bei der Bildung der Minerale aus der Lavaschmelze statt (nicht nach der Verwitterung!), wenn in der Schmelze ein Mangel oder Überschuss an einzelnen Elementen herrscht.
  • Die Moleküle passen zwar von der Größe, aber sie haben eine andere Ladung.
  • Es kommt zu einer negativen Überschussladung, was zum Einbau neutralisierender Kationen führt. Dies bestimmt die  KAK in den Böden und daraus ergibt sich die Nährstoffverfügbarkeit.
  • Die permanente Ladung ergibt sich aus der strukturellen Eigenschaft des Tonminerals. Sie existiert unabhängig von den Lösungsverhältnissen und dem pH-Wert.

 
Abb.2 Ionen Doppelschicht
( Source: Brady and Weil 2002.)

Tonminerale
Abb.3 Tonminerale
( Source: Brady and Weil 2002, S. 328.)

  • Permanente Ladungen befinden sich an den Oberflächen der 2:1 Schichtsilikaten.
  • Die Oberflächen variieren von 10 m2/g für Kaolinit bis zu 800 m2/g für Montmorillonit.

 
Abb.4 Eigenschaften von ausgewählten Bodenkolloiden
( Source: Brady and Weil 2002.)

1.2. Variable Ladungen Humus

humus
Abb.5 Humus
( Source: Brady and Weil 2002.)

Positive Ladungen
Abb.6 Positive Ladungen
( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Die variable Ladung hängt ab vom pH-Wert der Lösung und führt zur Anlagerung (Protonation) oder Abspaltung (Deprotonation) von H+ an Hydroxylgruppen (OH). Sowohl negative als auch positive Ladungen resultieren daraus.
  • OH-Gruppen können mit dem Kohlenstoff (C) im Humus oder mit Fe/Al-Kolloiden verbunden sein. Aus den Verbindungen mit den Fe/Al-Kolloiden ergeben sich Al-Hydroxide (Gibbsit) oder Fe-Hydroxide (Goethit, Hämatit).
  • Der Humus enthält komplexe Verbindungen mit vielen aktiven Gruppen (siehe Abb.5).
  • Das vereinfachte Schema in Abb.5 zeigt 3 Haupttypen mit OH-Gruppen, die für die hohe Ladungsfähigkeit verantwortlich gemacht werden.
  • Negative oder positive Ladungen entwickeln sich je nach Verlust von H+ der einzelnen Gruppen. Humus kann sowohl Kationen als auch Anionen binden.
  • Normalerweise ist die negativ geladene Oberfläche größer als die positiv geladene (KAK > AAK).

 
Abb.7 Humus Bestandteile
( Source: Juma, 2002.)

  • Humus enthält großen Pool an pH-abhängigen Ladungen.
  • Wenn der pH-Wert ansteigt, spaltet sich H+ ab.
  • Der Humus dient als Hauptspeicher für Wasser und Nährstoffe.
  • Er besteht aus Ringen und Ketten von C-Atomen, die mit Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Stickstoff (N) verbunden sind. An der Peripherie befinden sich Carboxyl- und Hydroxylgruppen.

     
    Abb.8 Chemische Eigenschaften des Humus
    ( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Humus besteht normalerweise aus 60 % Kohlenstoff (C), 30-50 % Sauerstoff (O), 3-7 % Wasserstoff (H) und 1-5 % Stickstoff (N).
  • Die Identifikation der Struktur ist sehr schwierig.
  • Humus ist oftmals der kleinste Partikel im Boden und hat deshalb eine hohe Speicherkapazität.
  • Huminsäure (humic acid) = C308H335O90N5 = 738 Atome.
Fe/Al-Kolloide
  • Unter normalen bis stark sauren Bedingungen haben die Fe/Al-Oxide und Tonminerale positive Ladungen.
  • Unter Protonierung (Protonation) versteht man die Anlagerung von H+ an die Hydroxylionen. Daraus ergeben sich die positiven Ladungen und damit die  AAK (siehe Abb.6).

Negative Ladungen
Abb.9 Negative Ladungen
( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Wenn der pH-Wert ansteigt, sind mehr OH-Ionen in der Bodenlösung vorhanden. Es spaltet sich Wasserstoff (H) ab. Die Reaktion verläuft nach rechts.
  • Dies bedeutet, dass dieselbe Stelle für negativen und positiven Ladungsüberschuss verantwortlich ist - abhängig vom pH-Wert der Lösung.

Example:

Beispiel Ladungen
Abb.10 Positive und negative Ladungen verschiedener Bodenkolloider Ladungen
( Source: Brady and Weil 2002.)

Example:
Böden mit überwiegend permanenter Ladung findet man in den gemäßigten/temperaten Klimaten (Vertisole).

Example:
Böden mit überwiegend variabler Ladung liegen in den Humiden Tropen. Dort ist der Anteil an Kaoliniten und Sesquioxiden besonders hoch (junge Andosole).

2. Kationenaustauschkapazität (KAK) und Anionenaustauschkapazität (AAK)

KAK
Abb.11 KAK
( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Die Adsorption der Anionen und Kationen geschieht über 2 Bindungsmöglichkeiten: dem Inner-sphere-complex und dem Outer-sphere-complex.
  • Inner-sphere-complex: Direkte Bindung mit der negativ geladenen Oberfläche. Sie können nicht leicht ersetzt werden (z.B. H2PO4-oder K in den Zwischenschichten von Illit).
  • Outer-sphere-complex: Wassermoleküle bilden eine Brücke zwischen adsorbierten Kationen und der negativ geladenen Oberfläche. Die adsorbierten Kationen sind nur schwach gebunden durch elektrostatische Anziehungen und können deshalb einfach ausgetauscht werden (z.B.Ca2+).
  • Kationen des Outer-sphere complexes können durch andere Kationen ersetzt werden.
  • Der Austausch findet auf charge-for-charge basis statt. Dies bedeutet: Austausch von H+ und Na+, aber Austausch von 2 H+ und einem Ca+.

     
    Abb.12 Austausch Na/H
    ( Source: Brady and Weil 2002.)

     
    Abb.13 Austausch Ca/H
    ( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Dieser Komplex wird Kation-Austauschkomplex genannt.

 
Abb.14 Kationen
( Source: Juma 2002, S. 194.)

  • Regel: Je höher die Ladung und je kleiner die Wasserhülle, desto stärker die Bindung zur Oberfläche und je weniger leicht können sie ausgetauscht werden. D.h. Kation-Austauschplätze adsorbieren mehr Ionen, die am Anfang der Sequenz stehen.
  • Daraus ergibt sich folgende Reihenfolge (bevorzugte Adsorption): Al3+ > Ca2+ > Mg2+ > K+ = NH4+ > Na+.

Anionenaustauschkapazität (AAK)
  • Man erkennt, ob  AAK >  KAK durch die Bestimmung des " delta pH".
  • Die AAK funktioniert wie die KAK.
  • Positive Ladungen von Fe/Al-Oxiden und der Organischen Substanz (OS) ziehen negative Ionen wie Nitrat (NO3-) und Sulfat (SO42-) an.
  • In den Tropen kann AAK > KAK sein, wenn Kaolinit und Fe/Al überwiegen. Dadurch wird die Auswaschung von NO3- aus dem Unterboden verhindert (wichtig!).

Methoden
  • Die Kationenaustauschkapazität (KAK) ist eine wichtige chemische Eigenschaft des Bodens. Sie wird herangezogen um die Böden zu klassifizieren und um Aussagen über die Bodenfruchtbarkeit zu treffen.

 
Abb.15 Anstieg pH = Anstieg KAK
( Source: Brady and Weil 2002.)

 
Abb.16 KAK Methode
( Source: Juma, 2002.)

  • Die negative Ladung (KAK) nimmt mit ansteigendem pH-Wert zu.
  • Die positive Ladung (AAK) nimmt mit ansteigendem pH-Wert ab.
  • Die Messungen sind jedoch empirisch. Es existieren verschiedene Methoden, die unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Dies ist abhängig vom pH-Wert der Messung und vom verwendeten Austauscherion.

Methode
Abb.17 Methode
( Source: Brady and Weil 2002.)

  • Standardmethoden: Eine konzentrierte Lösung eines Austausch-Kations (NH4+, Ba2+) wird benutzt, um eine bestimmte Menge Boden auszuwaschen.
  • Die KAK wird dann bestimmt durch die Messung der adsorbierten Austausch-Kationen und die Anzahl jeden Elementes, das ursprünglich am Austauschkomplex war (Ca, Mg, Al, K, Na).

Gepufferte Methode (buffered CEC)
  • Sie wird meistens mit Ammonium (NH4+) bei pH 7 (seltener bei pH 8,2 mit Ba) durchgeführt.
  • Es werden nicht nur die aktiven Kationen-Austauschplätze beim natürlichen Boden-pH gemessen, sondern alle pH-abhängigen Austauschplätze, die beim pH 7 negativ sein würden.
  • Es wird die potenzielle KAK oder das Maximum der KAK gemessen.

Ungepufferte Methode (ECEC= effective cation exchange capacity )
  • Die Methode wird beim aktuellen Boden-pH angewandt, d.h. es wird gemessen, wie viele Kationen beim aktuellen pH-Wert ausgetauscht bzw. gehalten werden können.
  • Es wird die Summe (Σ) of exchangeable cations (1 M NH4OAc) + exchangeable acidity (1 M KCl) gemessen.
  • Wichtig: Benutzte Methode muss genannt werden! Beide Methoden erzielen unterschiedliche Werte, vor allem, wenn der aktuelle pH-Wert kleiner ist als der gepufferte Wert.
  • Welche Methode nun korrekt bzw. richtig ist, hängt von der Aussage ab.
  • Die potenzielle KAK wird oft bei Bodenklassifizierung eingesetzt. Es wird von gleichen Ausgangsbedingungen für alle Böden ausgegangen.
  • Die effektive KAK ist relevanter bei Bodenfruchtbarkeits-Untersuchungen und der Betrachtung der Nährstoffverfügbarkeit. Sie zeigt mir, welcher Anteil an austauschbaren Kationen bei dem natürlichen pH-Wert durch basische Kationen belegt ist.

KAK Boden
Abb.18 KAK unterschiedlicher Böden
( Source: Buol et al., 2003.)

Example:
1. Der Boden enthält sehr viel organische Substanz (histic epipedon).

  • Die KAK von  OS ist sehr pH-abhängig. Beim pH 3,7 steigt die KAK von effektiver KAK zu KAK7 stark an. Beim pH 6,4 gibt es keine großen Unterschiede (siehe Abb.18).

Example:
2. Der Boden enthält überwiegend Kaolinite u. Sesquioxide (Oxisol).

  • Die KAK ist pH-abhängig. Beim pH 5 + 5,7: ECEC < CEC7 < CEC8.2 (siehe Abb.18).

3. Der Boden entält einen hohen Anteil an 2:1-Tonschichtmineralen (Vertisol).

  • Die KAK ist nicht pH-abhängig, da ECEC = CEC7 = CEC8.2 (siehe Abb.18).