Natürliche und anthropogene Einflüsse auf die Kohlenstoffvorräte in Böden1.4 Wiedervernässung von degradierten MoorstandortenInhalt dieses Kapitels
1. Die
Klimawirksamkeit von Mooren
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![]() (Quelle: Länderfachbehörden 2011, veränderte Darstellung) |
Moore lassen sich untergliedern in Mineralbodenwasser (Grundwasser) ernährte Niedermoore und Niederschlagswasser ernährte Hochmoore. Weltweit gibt es in 90 % aller Länder insgesamt auf etwa 400 Mio. ha Moore, die etwa 500 bis 650 Gt Kohlenstoff speichern. Etwa 3 % der Erdoberfläche enthalten somit etwa 75 % der Menge an Kohlenstoff, die sich in der Atmosphäre befindet. In borealen Regionen Russlands enthalten die organischen Torfböden etwa siebenmal so viel Kohlenstoff, wie die oberirdische Biomasse der Wälder. Mit 5.800 t C ha-1 in tropischen Torfen und 300 bis 500 t C ha-1 in tropischen Trockenwäldern wird in Indonesischen Regenwäldern sogar fast zehnmal mehr Kohlenstoff in Mooren als in der Biosphäre gespeichert.
Etwa 80 % der Moore (ca. 320 Mio. ha) befinden sich Joosten (2007) zufolge in natürlichem Zustand und etwa 60 % der Moore (ca. 280 Mio. ha) akkumulieren Torfe. Die größten noch weitgehend ungestörten Moorflächen befinden sich in Kanada oder Sibirien. Dem gegenüber sind etwa 20 % der Moore (ca. 80 Mio. ha) derartig zerstört, dass keine Torfbildung mehr stattfindet. Von diesen Mooren sind Schätzungen der International Mire Conservation Group zufolge etwa 50 Mio. ha entwässert, dies entspricht der Fläche von Spanien.
Durch Entwässerung der Moore, aber auch durch Torfbrände werden so pro Jahr und ha von sich zersetzenden Torfböden weltweit 10 bis 100 t Kohlenstoff abgegeben. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass die Kohlendioxidemissionen aus Torfflächen etwa 6 bis 7 % der globalen Kohlendioxidemissionen bilden. In Deutschland sind 95 % der Moore degradiert und bilden somit Kohlenstoffquellen, die zu einem Anteil von etwa 5 % zur Gesamtemission an Kohlenstoffdioxid in Deutschland beitragen.
Die Wiedervernässung von Mooren bildet den wesentlichen Ansatz zur Renaturierung bzw. Revitalisierung von Mooren durch den diese von degradierenden Mooren in wachsende Moore und somit von Kohlenstoffquellen in Kohlenstoffsenken umgewandelt werden können. Die Wiederherstellbarkeit bzw. Renaturierbarkeit von degradierten Mooren ist abhängig vom Moortyp und Zustand des Moores. Beispielsweise lassen sich Verlandungs- und Versumpfungsmoore leichter restaurieren als Durchströmungsmoore. Bei der Moorwiedervernässung ist zudem von entscheidender Bedeutung, dass neben dem Geländerelief die Komponenten Wasser, Vegetation und Torf sehr eng miteinander verknüpft sind und voneinander abhängen: Während die hydrologischen Verhältnisse wesentlich bestimmen welche Pflanzen wachsen können, ob Torfe gebildet werden und wie stark diese zersetzt werden könnnen, ist die Vegetation entscheidend dafür verantwortlich, welche Torfart gebildet wird. Die Struktur der Torfe beeinflusst wiederum die Wasserdurchlässigkeit und somit das Strömungsverhalten an einem Standort sowie die Spiegelschwankungen des Wassers. Die Veränderung einzelner Komponenten wirkt sich somit zumindest langfristig wesentlich auf die jeweils anderen Komponenten des Moorökosystems aus. Dabei können Moorökosysteme weitgehend selbstregulierte Landschaften bilden.
Zudem ist die Wiederherstellbarkeit von degradierten Mooren abhängig vom Ausmaß der Degradation: Diese wird in sechs Stufen von 0, nicht entwässert mit ursprünglicher Vegetation, bis 5, intensiv entwässert und genutzt, unterteilt:
Degradationsstufe 1: Die Degradation ist noch weitestgehend gering und wird vor allem durch eine künstliche Veränderung der Vegetationsbedeckung und weniger durch eine Entwässerung bedingt. Wird diese Einwirkung beendet kann sich das Moor meist von selbst regenerieren.
Degradationsstufe 2: Die Degradation ist mäßig fortgeschritten. Die Flächen wurden jüngst tief entwässert und im Anschluss landwirtschaftlich genutzt.
Degradationsstufe 3: Die Degradation ist mittelmäßig fortgeschritten und die bodenhydraulischen Eigenschaften wurden durch eine langjährige Entwässerung und Nutzung stark verändert.
Degradationsstufe 4: Die Degradation ist bereits stark fortgeschritten. Die Flächen wurden langzeitig und tief entwässert und der Moorkörper ist von Moorsackung und Moorschwund geprägt.
Degradationsstufe 5: Die Degradation ist schließlich maximal fortgeschritten. Die Flächen wurden intensiv entwässert und weisen eine starke Beeinträchtigung des Moorkörpers in Form von Erosion und Abtorfung auf. Der größte Teil der mitteleuropäischen Moore befindet sich in den Stadien der beiden letzt genannten Degradationsstufen.
![]() (Quelle: Timmermann et Al. 2009, veränderte Darstellung) |
Das Grundprinzip einer Moorwiedervernässung besteht darin, durch vermehrte Wassereinspeisung bzw. durch geringere Wasserverluste die Wasserstände anzuheben und zu stabilisieren. Maßgeblich für die Zu- und Abflussmengen bei Niedermooren sind beispielsweise die Faktoren Klima, Relief, geologischer Untergrund, Boden und Vegetation des Einzugsgebietes. Zur Planung und Durchführung konkreter Maßnahmen müssen jeweils die Landschaft, das Einzugsgebiet, das zeitliche und räumliche Fließverhalten, die Form und Intensität der vorhergehenden Landnutzung und die existierenden Entwässerungseinrichtungen einbezogen werden. Technische Maßnahmen zur Moorwiedervernässung im Moor bestehen gegebenenfalls im Rückbau von Entwässerungsgräben, Drainagen oder Deichen, dem Bau von Wasserstausystemen, beispielsweise in Form von Dämmen, dem Bau von Bewässerungssystemen bzw. aktivem Einpumpen von Wasser zur Anhebung des Moorwasserspiegels, der Flachabtorfung, der Re-Mäandrierung und der Extensivierung bzw. Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung und ggf. der Wiedereinbringung natürlicher Pflanzenarten. Im Einzugsgebiet bestehen technische Maßnahmen gegebenenfalls im Rückbau von Entwässerungseinrichtungen, Grundwassergewinnungsanlagen und Flächenentversiegelungen zur Grundwasseranhebung und einer Anpassung der Landnutzung zur Maximierung der Grundwasserneubildung und des Zwischenabflusses und zur Minimierung der Nährstoffeinträge.
Manueller Download des Films (Quelle: Thelemann 2012)
Degradierende Moore zählen zu den größten Quellen von Treibhausgasen aus
der Landnutzung. Eine Wiedervernässung degradierter Moore führt zu einer
wesentlichen Emissionsreduktion von Treibhausgasen dieser Flächen, vor
allem von Kohlenstoffdioxid und Lachgas. Durch eine optimale Renaturierung
von als Grasland und Ackerflächen genutzten trocken gelegten Niedermooren
ließen sich allein in
Deutschland etwa 25 bis 35 t Kohlendioxid pro ha und Jahr
einsparen, auf trocken gelegten Hochmoorflächen immerhin noch etwa 5 bis
23 t Kohlendioxid pro ha und Jahr. Insgesamt könnten in Deutschland
durch entsprechende Moorrenaturierungsmaßnahmen etwa bis zu 35 Mio. t
Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden.
Manueller Download des Films (Quelle: Thelemann 2012)
Es hat sich allerdings gezeigt, dass Widervernässungsprojekte nur mit
einer langfristigen Anhebung der Wasserstände zur Reduzierung der
Treibhausgabe führen. Bei einem stark degradierten und stark
entwässerten Moorboden, führt die Wiedervernässung zu einer starken
Veränderung der aktuellen Redoxverhältnisse im Boden. Daraufhin kommt es
anfänglich zu einer verstärkten Lösung von Nähr- und Schadstoffen in das
Bodenwasser bzw. zur Ausgasung von Stoffen. Emittiert werden unter
anderem Phosphor, gelöster organischer Kohlenstoff und neben
Kohlenstoffdioxid die besonders
klimawirksamen Treibhausgase wie Methan und Lachgas. Gerade wenn der
Wasserstand nicht optimal eingestellt werden kann und es zu einer
Überstauung der Mooroberfläche kommt, werden diese Treibhausgabe
verstärkt ausgetragen. Als optimal wird meist ein Wasserstand von ca. 10
cm unterhalb der Bodenoberfläche angesehen. Für eine erfolgreiche
Wiedervernässung mit wiedereinsetzender Torfakkumulation ist eine
Verhinderung einer erneuten Entwässerung unabdingbar.
![]() (Quelle: Bundesamt für Naturschutz 2010, verändert nach Freibauer et al. 2009) |
Insgesamt werden diese negativen Auswirkungen der Wiedervernässung jedoch durch gezielte Voruntersuchungen und einer an den jeweiligen Standort angepassten Durchführung der Wiedervernässung als vorrübergehend, flächenmäßig untergeordnet und weitgehend vermeidbar betrachtet und stellen „die grundsätzlichen Vorteile der Wiedervernässung nicht infrage“ (Timmermann et al. 2009, S. 85).
Eine innovative Alternative zu einer auf Entwässerung von Moorflächen
basierenden Land- und Forstwirtschaft bietet die Paludikultur.
Unter Paludikultur wird die torferhaltende Bewirtschaftung von nassen
bzw. wiedervernässten Moorböden verstanden. Diese auf den Torferhalt
fixierte Landnutzung kann das Erreichen von Zielen des Moorschutzes auf
landwirtschaftlichen Flächen ermöglichen. Die Produktion von Torfmoosen
auf Hochmoorflächen als auch der Anbau von Erlen, Schilf, Seggen,
Rohrkolben, etc. auf Niedermoorstandorten sind Möglichkeiten degenerierte
Moorflächen klimaschonender zu nutzen und den Flächendruck auf
Naturräume zu minimieren.
![]() (Quelle: Scheibe, Schröder 2011) |
Weiterführende Webseite zur Paludikultur der Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald
Literatur:
Bundesamt für Naturschutz
(2010):
Ökosystemdienstleistungen von Mooren - insbesondere Klimarelevanz -
Bundesamt für Naturschutz, Pressehintergrundinfo. (http://www.biologischevielfalt.de/fileadmin/NBS/documents/df_Presse2010_Hintergrund_Moore.pdf)
[eingesehen am 02.04.2012
Länderfachbehörden
(2011):
Positionspapier "Potentiale und Ziele zum Moor- und Klimaschutz".
(http://www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/NaturschutzForstJagd/13_Projekte/06_Moorschutz/PDF/Positionspapier__blob=publicationFile.pdf)
[eingesehen am 10.04.2012]
Pfadenhauer, J.; Grootjans, A.
(1999): Wetland restoration in
Scheibe, R.;
Schröder, C.
(2011):
Vorpommern Initiative Paludikultur, Newsletter
Tagung des Bundesamtes für Naturschutz
(2011):
Neue Wege im
Moorschutz
-
Paludikultur.
(http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/ina/2011/2011-Programm_Tagung_Moorschutz_2011_11_15.pdf)
[eingesehen am 10.04.2012
Timmermann, T.; Joosten, H.; Succow, M.
(2009): Restaurierung von Mooren. In:
Zerbe, S.; Wiegleb, G.
(2009): Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa, Spektrum
Akademischer Verlag Heidelberg. (http://www.springerlink.com/content/t52214128k28k585/)
[eingesehen am
20.12.2011