Naturwissenschaftliches Grundwissen1. Einführung zur KohlenstoffdynamikInhalt dieses Kapitels
1. Die Verteilung des Kohlenstoffs zwischen Atmosphäre, Biosphäre und
Pedosphäre
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Animation (Quelle: Sarmiento, Gruber 2002; Höll 2007 nach Schlesinger 1997, verändert und ergänzt nach Grassl et al. 2003 und Lal 2004, überarbeitete und veränderte Darstellung) |
Die Pedosphäre bildet die bis zu zwei Meter mächtige Oberschicht der Erdkruste. Als Schnittstelle zwischen Atmosphäre, Lithosphäre, Biosphäre und Hydrosphäre unterstützt sie alle biotischen Aktivitäten im terrestrischen Ökosystem und spielt somit eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Im Rahmen dieser Interaktion finden biochemische Kreisläufe, sowie Gas- und Energieaustauschprozesse zwischen dem Boden und der Atmosphäre statt. Die Pedosphäre bildet zusammen mit der terrestrischen Biosphäre die terrestrischen Ökosysteme. Das Potenzial von terrestrischen Ökosystemen als Kohlenstoffsenke hängt vom Typ und den Bedingungen des Ökosystems, wie der Spezienzusammensetzung, der Struktur und speziell bei Wäldern von der Altersverteilung der Vegetation ab. Ebenfalls von Bedeutung sind die Lagebedingungen, beeinflusst von Klima und Böden, natürliche Störungen und das Management durch den Menschen. Aufgrund der engen Verknüpfung von Vegetation und Boden hängt das Potenzial der Pedosphäre als Kohlenstoffsenke stark vom Zustand und den Bedingungen der Biosphäre ab. Demzufolge erfolgt die Speicherung der Kohlenstoffe in der Pedosphäre neben Carbonaten vor allem über die nicht zersetzten organischen Verbindungen der Biosphäre, die bei mikrobiellem Abbau in die klimarelevanten Gase Kohlendioxid und Lachgas umgewandelt werden.
![]() (Quelle: Bertram 1986; Höll 2007, überarbeitete Darstellung) |
Pflanzen nehmen im Zuge der Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf, geben davon einen großen Teil über autotrophe Veratmung wieder an die Atmosphäre ab und nutzen den anderen Teil, um Pflanzengewebe aus assimilierten Kohlenstoffen herzustellen. Aus der jährlichen Bruttoprimärproduktion (GPP) der Biosphäre ergibt sich somit abzüglich der Pflanzenveratmung (Respiration) die jährliche Nettoprimärproduktion (NPP) der Biosphäre. Die Gesamtmenge der gebundenen Kohlenstoffe kann aus wiederholten Messungen der Biomasseanreicherung, der Produktion von Pflanzenabfällen und der Fraßverluste geschätzt werden. Die durch die NPP in der Biosphäre gebundenen Kohlenstoffe können nach dem Absterben der Pflanze oder der Pflanzenteile und nach der Einwirkung von (unvollständigen) Zersetzungsprozessen durch Bioturbation von Meso- und Mikroorganismen in den Boden eingearbeitet werden. Im Rahmen der Zersetzungsprozesse durch Mikroorganismen wird ein großer Teil des Kohlenstoffes durch die Bodenatmung direkt wieder abgebaut und in die Atmosphäre abgegeben. Aus der Nettoprimärproduktion (NPP) der Biosphäre ergibt sich somit abzüglich der Verwitterung von organischem Pflanzenmaterial (Dekomposition) die jährliche Nettoökosystemproduktion (NEP) der Biosphäre. Unter Ausgliederung von externen Störungen, die zu Kohlenstoffverlusten führen, wie beispielsweise Bränden, Ernten oder Erosionsprozessen, ergibt sich aus der NEP die jährliche Nettobiomeproduktion (NBP). Diese NBP der Biosphäre wird auch als terrestrische Kohlenstoffsenke bezeichnet. Die Kohlenstoffe der NBP langern sich in Böden beispielsweise in Mooren unter Luftabschluss ab, sodass die Kohlenstoffe in der Pedosphäre nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden können. In diesem Zustand können sie über Jahrtausende gebunden sein, bevor Sie wieder einen aktiven Teil des Kohlenstoffkreislaufes bilden. Im Vergleich zur Atmosphäre und Biosphäre bildet die Pedosphäre somit eines der größten globalen Kohlenstoffreservoirs. Nur die Senkenfunktion der Lithosphäre (etwa 100.000.000 Gt C) und der Hydrosphäre (etwa 38.000 Gt C) sind quantitativ von größerer Bedeutung.
![]() (Quelle: Mollicone et al. 2003, Watson et al. 2000, überarbeitete Darstellung) |
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Höll, B. (2007): Die Rolle des Porenraums im Kohlenstoffhaushalt anthropogen beeinflusster Niedermoore des Donaurieds, Universität Hohenheim (http://opus.ub.uni-hohenheim.de/volltexte/2007/187/) [eingesehen am 21.09.2011]
Lal, R.; Kimble, J.; Follett, R.; Stewart, B. (1998):
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of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge University
Press, Cambridge, United Kingdom