Methoden der Kohlenstoffbilanzierung

 

1. Humusbilanzierung

 

Inhalt dieses Kapitels

1. Einführung
2. Ziel der Humusbilanzierung
3. Prinzip der Humusbilanzierung
4. Bewertung des Humusbedarfs
5. Vorgehensweise bei der Humusbilanzierung

 

1. Einführung

Der Humusgehalt im Boden trägt zur Verbesserung der ökologischen Bodeneigenschaften bei und beeinflusst die physikalischen, chemischen und biologischen Bodenfunktionen, insbesondere die Speicherung von Nährstoffen und Wasser, das Filter- und Puffervermögen, die biologische Aktivität und das Bodengefüge. Aus diesem Grund ist die Erhaltung standort- und bewirtschaftungsadäquater Humusgehalte ein wesentlicher Grundsatz der guten fachlichen landwirtschaftlichen Praxis (§ 17 BBodSchG).

Sind die Humusgehalte hoch, können sie allerdings in der Folge aufgrund des hohen Mineralisierungspotenzials Ursache für vermeidbare Stickstoffausträge in die Hydro- und Atmosphäre sein. Zur Beurteilung und Sicherstellung einer für Produktion und Umweltschutz optimalen Versorgung der Böden mit Humus werden deshalb aussagekräftige, einfache und damit breit anwendbare Methoden zur Humusbilanzierung benötigt. Kaum praktikabel ist die analytische Erfassung von kurzfristigen, aber im Vergleich zur Gesamtmenge nur relativ geringen Veränderungen der Humusvorräte zur Ableitung von Bewirtschaftungsempfehlungen. Dagegen bildet die Humusbilanzierung ein rein rechnerisches, auf langjährigen Versuchsergebnissen und den Bewirtschaftungsdaten der Betriebe basierendes Bilanzierungsverfahren, das auf einfache Weise Informationen für eine aus der Sicht der Bodenfruchtbarkeit und des Umweltschutzes anzustrebende Versorgung der Ackerböden mit organischer Substanz liefert.

Im nachfolgenden Unterkapitel wird die Humusbilanzierung als praktisch nutzbares Verfahren zur Beurteilung des Humushaushaltes ackerbaulich genutzter Böden beschrieben. Durch den Humussaldo wird eine quantitative Abschätzung der Humusreproduktion in Abhängigkeit von der jeweiligen Bodenbewirtschaftung ermöglicht.

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2. Ziel der Humusbilanzierung

Ziel der Humusbilanzierung ist es, auf Schlag-, Fruchtfolge- oder Betriebsebene die bewirtschaftungsbedingt zu erwartenden Veränderungen der Humusvorräte acker- und gartenbaulich genutzter Böden abzuschätzen und mit der organischen Düngung entsprechend zu reagieren. Die Methode ist aufgrund der gegebenen Datenbasis für integriert wirtschaftende Betriebe konzipiert, für den ökologischen Landbau ist aus Gründen der Versorgung der Pflanzen mit Stickstoff eine entsprechend höhere Zufuhr organischer Substanzen erforderlich.

Aus den Humusbilanzsalden ist abzuleiten, inwieweit Änderungen in der Bewirtschaftung notwendig sind, um eine standortangepasste Humusversorgung der Böden zu erhalten. Damit wird die Nachhaltigkeit der Produktion gesichert und das Verlustpotenzial für Stickstoff begrenzt. Die Kenntnis der Humusbilanz (Ab- bzw. Aufbau) informiert zudem über die Veränderungen der Stickstoffvorräte der Böden. Sie ist somit Voraussetzung, um aufgrund schlag- oder betriebsbezogener Stickstoffsalden (Input - Output) die aktuelle Gefahr von N-Verlusten zu beurteilen. Der Gehalt an organischem Kohlenstoff ist als Hauptkomponente der Bodenfruchtbarkeit neben der pflanzenbaulichen Bedeutsamkeit zu einer wichtigen ökologischen Maßzahl im Pflanzenbau geworden und kann Aufschluss über die Nachhaltigkeit von Bodennutzungssystemen geben.

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3. Prinzip der Humusbilanzierung

Das Ziel der Humusbilanzierung ist es, Veränderungen der Humusvorräte abzuschätzen, die durch die jeweiligen Kulturpflanzen bzw. deren Fruchtfolge und die Zufuhr organischer Materialien verursacht werden. Die angebauten Pflanzen beeinflussen über ihr Wurzelsystem - durch Wurzelmasse und Rhizodeposition - und durch ihre spezifischen Anforderungen an die Bodenbearbeitung, wie Intensität und Bodenruhe, den Netto-Zuwachs bzw. -Verlust des Humusgehaltes im Boden. Aus Menge und Qualität der zugeführten Ernterückstände und organischen Dünger lässt sich deren unterschiedliche Fähigkeit zur Humusreproduktion ermitteln. Der Humussaldo ist demzufolge aus der Humuszufuhr durch die organischen Dünger in Form von Ernterückständen, Stallmist, Gülle und Kompost etc. auf der einen und der anbauspezifischen Veränderung des Humusvorrates als Humusbedarf auf der anderen Seite nach folgender Gleichung zu errechnen:

 

 

In dem Moment, in dem die Zufuhr organischer Substanzen den bewirtschaftungsabhängigen Humusbedarf wesentlich unter- oder auch überschreitet, können sich auf Dauer schwerwiegende Probleme ergeben, wie Humusverarmung des Bodens oder ein erhöhter Kohlenstoffdioxidaustrag. Der Vorteil dieser Methode ist, dass zur Berechnung der Humusbilanz nur relativ leicht zu erhebende Bewirtschaftungsdaten benötigt werden, die in den meisten landwirtschaftlichen Betrieben verfügbar sind.

Die Parameter der Humusbilanzierung wurden aus langjährigen Feldversuchen mit mineralischer und organischer Düngung auf unterschiedlichen Böden mit verschiedenen Fruchtfolgen abgeleitet. Dabei wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedene Bilanzierungsmethoden erarbeitet, die sowohl den anbauspezifischen Humusbedarf als auch die Humusreproduktionsleistung verschiedener organischer Substanzen, wie Stalldung, Gülle, Stroh und Gründüngung etc., quantifizieren. Bei unterschiedlicher Bewirtschaftung stellen sich im Laufe der Zeit jeweils charakteristische und anschließend praktisch konstante Gehalte an Humus im Boden ein. Diese Tatsache wurde in vielen Versuchen durch entsprechende C- und N-Untersuchungen der Böden verifiziert.

Der erforderliche Humusbedarf der jeweils günstigsten Versuchsvarianten, bestimmt nach Ertragssicherheit, hoher Stickstoffeffizienz und ausgewogenen Stickstoffsalden, ist demnach auch die durch organische Düngung bereit gestellte optimale Humusmenge. Als optimal wurde dabei in der folgenden Tabelle die Versuchsvariante bezeichnet,  bei der in Kombination mit Mineraldüngung durch eine höhere Zufuhr an organischer Substanz keine weitere Ertragssteigerung mehr erzielt und somit die höchste Effizienz der Stickstoffdüngung erreicht wurde.

 

Experimentell und durch Humusbilanzierung ermittelter Humusbedarf langjähriger Feldversuche


(Quelle: VDLUFA 2004)

 

In dieser Darstellung ist dem experimentell ermittelten Humusbedarf der über die Bilanzierungsmethode errechnete Bedarf an organischer Masse in Rottemist-Äquivalenten gegenüber gestellt. Hierfür wurden Bedarfs- und Reproduktionsfaktoren verwendet, die aus langjährigen Fruchtfolge-Düngungsversuchen anhand der Kohlenstoff- und Stickstoffdynamik im Boden abgeleitet wurden. In diesem Beispiel wurde der tatsächliche Bedarf durch die rechnerische Bilanzierung durchschnittlich um etwa 20 % überschritten. Insgesamt zeigt dieser Vergleich trotz unterschiedlicher Standorte und Böden eine relativ gute Übereinstimmung. Quantifiziert wird die durch den Anbau bestimmter Fruchtarten verursachte Humusabnahme oder Humuszunahme sowie die durch die Humusersatzleistung verschiedener organischer Dünger bewirkte Humusanreicherung bislang durch die Einheit "Reproduktionswirksame organische Substanz" (ROS). Zum Teil wird aber auch in "Humuseinheiten" (HE) als Äquivalente zur organischen Bodensubstanz gerechnet. Als Alternative, mit dem Ziel einer vereinheitlichten Humusbilanzierung, wurde mittlerweile der Begriff "Humusäquivalente" (Häq) vorgeschlagen, da es ja um die Quantifizierung des nutzungsabhängigen Humushaushaltes im Boden und um die Humusersatzleistung verschiedener organischer Substanzen geht. Mit diesem anbauspezifischen Humusbedarf werden diejenigen Humusmengen ausgedrückt, die im Boden nutzungsbedingt durch Abbau verloren gehen und durch organische Düngung ersetzt werden sollten. Dem steht bei der Humusbilanzierung in der oben stehenden Gleichung die sehr unterschiedliche Humusreproduktion durch verschiedene organische Substanzen gegenüber, die deshalb ebenfalls in Humusäquivalenten ausgedrückt wird.

  • 1 Humusäquivalent (Häq) entspricht 1 kg C in der humifizierten organischen Masse des Bodens (kg Humus-C pro ha).

  • 1 t reproduktionswirksame organische Substanz (ROS) entspricht der Humusersatzleistung von 1 t Rottemist-Trockenmasse, aus der nach der Humifizierung ca. 200 kg C im Boden verbleiben.

  • 1 Humuseinheit (HE) entspricht 1 t Humus-Trockenmasse, die etwa 580 kg C enthält.

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4. Bewertung des Humusbedarfs

Die Mengen an Ernte- und Wurzelrückständen und die über die Dauer der Nutzung bestehende Bodenruhe sind die bestimmenden Faktoren für die Humusakkumulation (positiver Salder der Humusbilanzierung) beim Anbau mehrjähriger Futterpflanzen.

Die Humusreproduktionsleistung organischer Düngestoffe (in kg Corg je t Substrat) hängt dabei ab von der stofflichen Zusammensetzung, die die Humifizierung und den Abbau des Humus im Boden maßgeblich bestimmen. Die Humusersatzleistung ist deshalb auch vom Rottegrad des Festmistes (Frischmist, Rottemist, Mistkompost), von der Tierart (Gülle) und vom Wassergehalt (Klärschlamm) abhängig. So liegt beispielsweise die in Dauerversuchen ermittelte Humusreproduktionsleistung von Stroh abhängig von der Umsetzungsaktivität der Böden und der festgestellten Humifizierung bei 80 bis 110 kg Humus-C je t Substrat. Dem gegenüber liegt die Humusreproduktionsleistung von Schweinegülle lediglich bei 4 kg Humus-C je t Substrat.

Weiterhin lassen sich durch Dauerversuche Schätzungen zum Humusbedarf bestimmter Fruchtarten und Fruchtfolgen ableiten. Den Ergebnissen zufolge weisen Kartoffeln mit 760 kg Humus-C pro ha den höchsten Humusbedarf auf. Winterweizen, Wintergerste und Winterroggen folgen bei dieser Auswahl mit 280 kg Humus-C pro ha. Dem gegenüber weisen Erbsen und Kleegras mit 160 bzw. 600 kg Humus-C pro ha eine positive Humusbilanz auf. Durch eine Kombination dieser Fruchtarten in der Fruchtfolge lässt sich so die Zuführung von zusätzlichen Düngemitteln zum Ausgleich der Humusbilanz reduzieren. Deshalb sollte bei der Humusbilanz immer die ganze Fruchtfolge berücksichtigt werden. Falls keine Fruchtfolgen ausgewiesen sind, sollte die schlagspezifische Humusbilanz der letzten 5 bis 10 Jahre betrachtet werden. Zum Vergleich verschiedener Bewirtschaftungssysteme sollte die Humusbilanz auf Betriebsebene betrachtet werden. In der nachfolgenden Tabelle wird der Bewertungsmaßstab der Humussalden dargestellt:

 

Bewertung der Humussalden

Humussaldo Bewertung
kg Humus-C pro ha pro Jahr Gruppe
< -200 A
sehr niedrig
ungünstige Beeinflussung von Bodenfunktionen und
Ertragsleistung
-200 bis -76 B
niedrig
mittelfristig tolerierbar, besonders auf mit Humus
angereicherten Böden
-75 bis 100 C
optimal
optimal hinsichtlich Ertragssicherheit bei geringem
Verlustrisiko
langfristig Einstellung standortangepasster
Humusgehalte
101 bis 300 D
hoch
mittelfristig tolerierbar, besonders auf mit Humus
verarmten Böden
> 300 E
sehr hoch
erhöhtes Risiko für Stickstoff-Verluste, niedrige N-Effizienz

(Quelle: VDLUFA 2004, Humusbilanzierung)

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Weiterführender Link zum VDLUFA-Standpunktpapier: Humusbilanzierung - Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland

 

5. Vorgehensweise bei der Humusbilanzierung

 

Vorgehensweise bei der Humusbilanzierung

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Literatur:

Körschens, M. (2004): Humusbilanzierung - Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland. Standpunktpapier des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA). (http://www.vdlufa.de/joomla/Dokumente/Standpunkte/08-humusbilanzierung.pdf) [eingesehen am 07.06.2012]